Dienstag, 22. März 2016

Rationierung von Medikamenten zwingt schweizer Patienten, sich die nötigen Medikamente in  Indien auf eigene Kosten zu beschaffen.

 

Ein verzweifelter Hepatitis C Patient  schildert seine Erfahrungen und straft die Aussage von Bundesrat Alain Berset Lügen, wenn dieser in der NZZ (22.8.2014) folgendes sagt: "Wir haben ein Gesundheitssystem, das qualitativ sehr gut ist; alle Einwohnerinnen und Einwohner haben Zugang zu sehr hohen Leistungen und zu den innovativsten Methoden. Unser Krankenversicherungswesen erlaubt es, eines der besten Gesundheitssysteme der Welt zu finanzieren." Es ist für uns ein Skandal im Schweizer Gesundheitswesen, dass man Patienten weiterhin Medikamente vorenthält.

 

Hier der Bericht des Patienten.

 
Gemäss Spezialitätenliste des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) kosten 28 Tabletten Harvoni, dem wohl bekanntesten Medikament des Pharmamultis Gilead gegen Hepatitis C, genau Fr. 16 748.30. Damit jemand von der Krankheit geheilt wird, braucht es drei solcher Packungen (für eine Therapiedauer von 12 Wochen). Kostenpunkt folglich über 50 000 Franken. Seit Ende 2015 produziert die indische Firma Mylan in Lizenz von Gilead eine Kopie von Harvoni unter dem Namen MyHep LVIR. In Indien kostet eine Packung mit 28 Tabletten umgerechnet knapp 300 Franken, drei Packungen für eine ganze Therapie also knapp 900 Franken. Nachdem sich meine Krankenkassen nun schon seit Monaten weigert, das Wiedererwägungsgesuch zu entscheiden, ging mir die Geduld aus. Zudem bin ich überzeugt, dass die Kasse letztlich beim Nein bleibt: Der Antrag des Vertrauensarztes lautet auf Ablehnung und die Geschäftsleitung folgt ihm im Normalfall. Meine Leber ist noch zu wenig geschädigt, und dass es mir wegen der extrahepatischen Manifestationen oft mies geht, wird einfach zur Seite gewischt: Ich würde nur simulieren, wird mir letztlich unterstellt. Dass das Unispital Basel auf die Krankheit stiess, weil es mir so schlecht ging, wird schlicht nicht zur Kenntnis genommen. Um es klarer zu sagen: ich wurde nicht krank, weil ich die Diagnose erhielt und mir alles nur einbildete. Ich war krank und ging deswegen zum Arzt, der dann auf die Krankheit stiess! Damit war für mich klar: Meine Lebensqualität ist inzwischen derart eingeschränkt, dass ich nicht auf unbestimmte Zeit so weiter leben wollte. Vor allem würde es ja immer noch schlimmer werden. Ich sah für mich keine lebenswerte Zukunft mehr.

In dieser verzweifelten Situation entschied ich mich für einen letzten Versuch: Ich habe gute Beziehungen in einem Land, in das Indien die Harvoni-Kopien exportieren darf. Trotzdem gab es noch viele Hürden bis ich die Medikamente schliesslich bekommen sollte: Das Unispital Basel weigerte sich, ein Rezept auszustellen, also musste ich eine andere Lösung suchen; zuerst konnte auch ein spezialisiertes Unternehmen für medizinische Dienstleistungen an Expats die Medikamente nicht beschaffen, beim zweiten Versuch klappte es; ich musste zustimmen, dass ich den Preis im Voraus bezahle und sollte bei der Beschaffung etwas schief gehen, so würde der Dienstleiser ein Drittel des Betrags als Entschädigung einbehalten und vor allem der zu bezahlende Betrag war massiv höher als erwartet, rund 6500 Franken. Ich fühlte mich ausgenutzt, gedemütigt und meiner Würde beraubt. Ich war nichts als ein  reicher Westler, den man ausnimmt bis an die Grenze des finanziell tragbaren und darüber hinaus. Aber ich hatte keine Wahl und stimmte zu. Glückliche Umstände erleichterten mir immerhin die Zustimmung. Die Beschaffung der Medikamente in Indien klappte. Die letzte Hürde war der Import in die Schweiz. Grundsätzlich darf man nur für sich selber Medikamente für einen Monat aus dem Ausland mitbringen. Ich brauche aber Tabletten für drei Monate. Der Zoll ist von Gesetzes wegen zuständig, diese Regelung durchzusetzen und die Mengen, die den Bedarf für einen Monat übersteigen zu konfiszieren. Der Import in die Schweiz gelingt trotzdem. Ich besitze nun die drei mal 28 Tabletten. Das Unispital Basel erklärte sich schliesslich bereit, die normale Überwachung zu gewährleisten. Ich habe also wieder Hoffnung, dass der Drache, der mich so heftig belastet, nachhaltig vertrieben werden kann. Wenn alle Untersuchungen gemacht sind kann ich mit der Therapie endlich beginnen.


TA-Artikel vom 28. Februar 2016

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